Alma Mahlers Kommentierung der Arbeiten von Walter Gropius: darunter die Möbelentwürfe für Karl Herzfeld
bemerkte innerhalb des Briefwechsels immer wieder, wie wichtig ihm Meinung bezüglich seiner eigenen Arbeiten war und fühlte sich durch die Liebe und Beziehung zu ihr beflügelt, seine Karriere voranzutreiben – ein Motiv, das sich wie ein roter Faden durch die Korrespondenz zieht. Auch bat mehrmals, sie durch Skizzen oder Fotos an seiner Arbeit teilnehmen zu lassen (AM22, AM46, AM72). Dennoch lassen sich innerhalb des Briefwechsels nur wenige Stellen nachweisen, die auf eine Übersendung oder Übergabe seiner Arbeiten der Jahre 1910 und 1911 schließen lassen. Wahrscheinlich noch in Tobelbad überließ seine Schrift über das Kunstwollen nach (Über das Wesen des Kunstwollens), wenige Wochen später übersendete er ihr Fotos seiner ersten architektonischen Arbeiten in Pommern (Der Kornspeicher in Janikow) und seine Broschüre für ein modulares Hausbauprogramm zur Weitersendung an (Programm zur Gründung einer Hausbaugesellschaft). Im Herbst 1910 schickte er außerdem mehrere Blätter des nach New York. äußerte sich kaum oder gar nicht über diese Arbeiten – ein Umstand, den mehrmals beklagte (Bismarcknationaldenkmal).
Erst in einem Brief von Anfang September 1911 (AM105) kommentierte mehrere Fotos und Entwürfe von und , die ihr wahrscheinlich bei seinem Besuch in Toblach wenige Wochen zuvor übergeben hatte. Innerhalb der Korrespondenz finden sich jedenfalls keine Hinweise auf eine postalische Übersendung. erwähnte darin verschiedene Arbeiten namentlich, die ihr am Besten gefielen, weshalb anzunehmen ist, dass es noch weitere Zeichnungen und Fotos gab, die sie bei Seite ließ. Sie nannte den Entwurf für die Arbeiterhäuser auf Gut Janikow sowie das (heute Drawsko Pomorskie; : , Inv. Nr. 6126/4) für Onkel geplant, sowie den , wobei sie nur die Architektur von und hervorhob, den von jedoch als nicht besonders bewertete. Weitere Erwähnung fand ein nicht näher bestimmbares Treppenhaus mit ägyptische[m] Wandmuster, das zu kühl fand. Am besten schien ihr die zu gefallen (AM105: Die letzte Einrichtung finde ich famos, mehrfach unterstrichen), die sie auch kommentierte.
Die Möbelentwürfe für eine Garderobe, ein Empfangszimmer, ein Wohn- und Esszimmer sowie eine Kammer stellen sowohl die früheste wie die umfassendste Inneneinrichtung von und vor dem Ersten Weltkrieg dar. Sie entstanden für den Hannoveraner Bankier , ein Militärfreund aus Tagen bei den Wandsbeker Husaren, und wurde 1911 ausgeführt.
Sowohl Möbel wie Wandgestaltung bzw. Positionierung des Mobiliars im Raum stammten von und . Obwohl es sich nicht im eigentlichen Sinne um Einbaumöbel handelte, war ihre Position durch die Ordnung des Raumes vorgegeben. Durch paneelartige Felderaufteilung mit abschließendem Fries erfolgte die Gliederung der Wand, vor der nur wenige, dafür schlichte, schwere und blockhaft-geschlossene Möbel dominierten. Die Verwendung von einfarbigen oder gestreiften Stoffen und Motiven wie der Volute unterstützte die Raumwirkung, die, von atmosphärischer Kühle geprägt, an Klassizismus oder Biedermeier erinnert, ohne tatsächliche historisierende Zitate aufzugreifen (, S. 95–96). Die Möbel selbst verweisen dabei auf die Entwicklung von seriellen Typen im Frühwerk /: ein Schrank aus dem Esszimmer kann in leicht abgewandelter Form im Esszimmer der Einrichtung für von Trotha nachgewiesen werden, während sich der Mahagoni-Schrank im Vestibül mit leicht abgewandelten Proportionen und Furnier auch im Repräsentationsraum der Genter Ausstellung finden lässt (, S. 98). Teil der Einrichtung war außerdem ein von entworfenes antikisierendes eines liegenden, bärtigen Mannes, das im Esszimmer über einer Kommode angebracht war (: , Inv.-Nr. 6718/2).
kommentierte neben dem Gesamteindruck (famos, mehrfach unterstrichen, AM105) zwei Details der Einrichtung: einmal die Scheibetafel im Esszimmer, also das von , das sie nicht gelungen fand; außerdem die Bücherschränke des Wohnzimmers (: , Inv.-Nr. 6717/19r), die sie als ausgezeichnet bewertete, jedoch das untere Motiv kritisierte (welches mir nicht so gefällt, AM105). Obwohl es sich hierbei um die ausführlichste Kommentierung der Arbeiten von innerhalb des Briefwechsels handelt, blieb Urteil sehr unspezifisch. Allein ihr Gefallen oder Nicht-Gefallen fand demnach Ausdruck, ohne die Gründe für ihre Präferenzen genauer zu erläutern. Zwar drückte sie durch nonverbale Zeichen wie die mehrfachen Unterstreichungen Emphase der Begeisterung aus, dennoch wirken ihre Urteile durch die mangelnde Erläuterung gleichsam indifferent.
Abb.: Unbekannt, (Koleśno) bei Dramburg (Drawsko Pomorskie), Umbau durch Walter Gropius und Adolf Meyer (1910 oder 1911); Blick auf den halbrunden Erkeranbau an der Schmalseite zur Hauptstraße.
Abb.: Unbekannt, Wandrelief von Richard Scheibe als Teil der Esszimmergestaltung mit Möbeln für Karl Herzfeld von Walter Gropius und Adolf Meyer (1911).
Abb.: Unbekannt, Wohnzimmergestaltung mit Bücherschränken für Karl Herzfeld von Walter Gropius und Adolf Meyer (1911).